Häufige Fragen zum Auslandstierschutz

Beantwortet von Doris Stahl, Hundepsychologin ATN und Inhaberin der Hundestagesstätte Riedstadt

Warum sollte man den Tierschutz im Ausland unterstützen? In deutschen Tierheimen gibt es ja genug Hunde, die ein neues Zuhause suchen?

Auslandstierschutz sollte schon deshalb unterstützt werden, weil die Tiere im Ausland oftmals nicht als Lebewesen gesehen werden und nicht von der Bevölkerung vor Ort geschützt werden. Mit ihnen wird schlecht umgegangen, sie werden gequält und verfolgt, gesunde und freundliche Hunde werden getötet. Hunde die einen Besitzer haben werden meist nicht kastriert und die Welpen landen dann auf der Straße oder werden getötet.

Hunde, die in deutschen Tierheimen sitzen und das oft sehr lange, werden oft abgegeben, weil sie aus Sicht ihrer ehemaligen Halter „nicht funktionieren“. Sie sind zu diesem Zeitpunkt oft schlecht sozialisiert mit Artgenossen, befinden sich im Flegelalter, sind häufig alt, krank oder groß.  Das sind alles Gründe, die eine Vermittlung schwierig machen. Aus diesen Gründen nehmen viele deutsche Tierheime gerne auch Hunde aus dem Auslandstierschutz auf, weil diese in der Regel sehr gut vermittelbar sind und Besucher ins Tierheim locken. Auf diese Weise können dann auch schwer vermittelbare Hunde manchmal ein neues Zuhause finden.

Mit welcher Vorgeschichte kommen Hunde aus dem Ausland nach Deutschland?

Hunde aus Osteuropa sind oft mit dem Mensch schlecht sozialisiert, haben schlechte Erfahrungen gemacht oder sind schon als Welpen ausgesetzt worden. Ihnen fehlt dann die Sozialisierung mit „dem normalen Leben“ das heißt sie kennen weder eine Wohnung noch feste Bezugspersonen.  Diese fehlende Sozialisierung mit dem Menschen kann in manchen Fällen auch nicht mehr ganz aufgeholt werden. Sie haben dann zwar einen guten Bezug zu den direkten Besitzern, andere Menschen finden sie aber eher gruselig. Dies trifft oft auf Herdenschutzhundmischlinge zu. Hier muss besonders sorgfältig geprüft werden, ob der Hund auch zu den Menschen und den gegebenen Rahmenbedingungen wie z. B. Wohnverhältnissen passt.

Der Vorteil der Hunde ist, dass sie mit Artgenossen und anderen Tieren in der Regel sehr verträglich sind. Zumeist sind es nett aussehende Mischlinge, die sich, wenn sie genug Zeit haben zum Ankommen und nicht bedrängt werden, meist sehr schnell sehr positiv entwickeln.

Hunde aus dem südlichen Ausland sind oft mit Menschen gut sozialisiert, weil sie als Welpe meist schon in einer Familie gelebt haben, sie machen erst im Jugend- bzw. Flegelalter schlechte Erfahrungen mit dem Menschen. Außerdem werden die Straßenhunde im Süden oft nicht so „misshandelt“ und verfolgt, wie das bei den Hunden aus dem Osten der Fall ist. Mit Artgenossen kommen sie meist auch sehr gut klar.

Haben alle Hunde, die aus dem Auslandstierschutz kommen, auf der Straße gelebt und muss ich deshalb mit bestimmten Verhaltensauffälligkeiten rechnen?

Nein, nicht alle waren Straßenhunde. Manche werden auch direkt von den Besitzern in den Tötungen oder beim Tierschutz abgegeben oder bei Kastrationsaktionen einfach „vergessen“.

Das Straßenleben ist nur bedingt der Grund für eventuelle Verhaltensauffälligkeiten. Ich sehe das eher in Kombination mit der Rasse, wie z. B. Herdenschutzhunden. Hierunter fallen für mich auch die Hirtenhunde. Welpen dieser Rassen fehlt dann häufig die Sozialisation mit dem Menschen und anderen Tieren. Und es gibt tatsächlich auch Hunde, die ihr ganzes bisheriges Leben auf der Straße oder im Wald gelebt haben. Das ist in Rumänien und Ungarn wohl noch häufig der Fall. Diesen fehlt dann ebenfalls die entsprechende Sozialisation und es ist ganz wichtig, dass diese dann nicht an die „falschen Adoptanten“ oder in das falsche Lebensumfeld vermittelt werden.

Sind alle Hunde, die aus Rumänien bzw. generell dem Ausland kommen, in irgendeiner Form vorbelastet und deshalb nur für hundeerfahrene Menschen geeignet?

Nein, es gibt viele freundliche, sehr gut sozialisierte Hunde in Rumänien bzw. im Ausland. Dies kann bereits vor Ort festgestellt werden. Allerdings kann ein dort unsicherer und ängstlicher Hund in einer ruhigen und freundlichen Umgebung in Deutschland auch sehr schnell auftauen.

Komplette Hundeneulinge sollten ihren ersten Hund aber am besten von einer deutschen Pflegestelle adoptieren. Die erfahrenen Pflegestellen können die Schützlinge sehr gut einschätzen und es kommt weniger zu „Überraschungen“. Die Pflegeeltern können sagen, ob ein Hund Kinder gut oder gruselig findet, wie er fremde Menschen findet, wie stark der Jagdtrieb ausgeprägt ist etc.

Ist die Gefahr groß, dass mein Hund aus Rumänien krank ist?

Sogenannte Mittelmeerkrankheiten sind leider keine Seltenheit in Rumänien. Gerade die Babesiose, sowie Anaplasmose und Dirofilariose sind häufiger anzutreffen. Vor der Ausreise werden alle Hunde, die älter als 1 Jahr sind, auf diese Krankheiten getestet. Bei Welpen sind diese Tests aber leider noch nicht aussagekräftig.  Im Falle einer Erkrankung wird der Hund in Rumänien behandelt, bevor er ausreisen kann. Leider geben diese Tests keine 100%-ige Sicherheit und wir empfehlen deshalb unseren Adoptanten, den Hund hier in Deutschland noch einmal testen zu lassen.

Warum kann ich einen Hund aus dem Rumänien erst adoptieren, wenn dieser mindestens 4 Monate alt ist?

Weil erst dann die erforderlichen Impfungen vorhanden sind. Die letzte ist die Tollwutimpfung, die Ende des 3 Monats gegeben wird. Diese ist erst nach dem 21 Tag gültig und erst dann darf der Hund ausreisen.

Gibt es bestimmte Charaktereigenschaften, die rumänische Hunde besonders häufig aufweisen?

Viele Mischlinge haben einen großen Anteil an Herdenschutzhund bzw. Hirtenhund in sich. Hütehunde mit den Eigenschaften, die es hier in Deutschland gibt, gibt es in Rumänien weniger. Die rumänischen Mischlinge sind in der Regel sehr wachsam, manchmal auch etwas unsicher. Zu ihrem Menschen besteht eine enge Bindung, zu anderen Menschen eher nicht. Sie sind in bestimmten Wohnsituationen sehr stressanfällig, brauchen viel Raum und eine Aufgabe, was viele Interessenten leider nicht bedienen können. Dann gibt es Probleme, denn „Herdis“ werden, wenn sie Stress haben, viel wachsamer als man es sich wünschen würde.

Leider erwarten viele potenzielle Adoptanten, dass der Hund gleich funktioniert. Das tut er nicht. Die Hunde sind oft überfordert mit den vielen neuen Reizen und werden von unwissenden Hundehaltern in blöde Situationen gedrängt. Am besten arbeitet man direkt mit einem positiv trainierenden Hundetrainer zusammen!  Hunde haben unterschiedliche Interessen, die dementsprechend gefördert werden müssen. Leider vergessen das viele Hundehalter und vom Hund wird erwartet, den ganzen Tag brav auf der Couch zu liegen.

Benötige ich ein Haus mit Garten, um einen Hund aufnehmen zu können oder kann ich auch einen Hund adoptieren, wenn ich in einer Mietwohnung in der Stadt wohne?

Das kommt auf die „Rasseeigenschaften“ des Hundes an. Herdenschutzhunde und deren Mischlinge würde ich nie in eine Mietwohnung/Mehrfamilienhaus vermitteln, ebenso unsichere und ängstliche Hunde. Für diese Hunde würde ich immer ein ruhiges Zuhause suchen wie ein Haus mit Garten oder höchstens ein Zweiparteienmietshaus mit Gartenstück. Kleine Kinder sollten nicht vorhanden sein, andere Hunde idealerweise schon.

Es gibt aber auch viele kleine beispielsweise pudelige Mischlinge, die sich durchaus in einer Mietswohnung in einem Mehrfamilienhaus wohlfühlen. Deshalb ist eine gute Einschätzung vor Ort sehr wichtig, was im Rahmen der Vorkontrolle erfolgt. Insbesondere muss man auch abklären, was passiert, wenn sich herausstellt, dass ein Hund sehr bellfreudig ist. Wenn das zum Problem werden könnte, sollte man eher einen Hund von einer Pflegestelle adoptieren.

Worauf muss ich in den ersten Wochen nach Ankunft des Hundes besonders achten?

Generell gilt, dem Hund Zeit zum Ankommen geben und ihn nicht bedrängen.  Wenn sie mit ihm die Wohnung verlassen in der ersten Zeit den Hund immer doppelt sichern und ein Sicherheits- oder Panikgeschirr verwenden. So kann er Ihnen nicht entwischen.

Ansonsten hängt es eher von den Eigenschaften des Hundes ab, worauf Sie achten sollten. Aufgeschlossene Hunde können schnell ganz normal am Familienleben teilhaben.

Ängstliche oder unsichere Hunde werden sich am Anfang zurückziehen. Ihnen sollte man einen ruhigen Platz ermöglichen und anfangs keine Gassigänge machen sondern zunächst mal nur mit ihnen in den Garten gehen. Wenn das nicht möglich ist, alte Handtücher oder Unterlagen anbieten, damit sich der Hund zunächst in der Wohnung lösen kann.

Wichtig ist, die Hunde niemals zu bedrängen, sondern sie einfach kommen zu lassen.  Wenn Sie sich unsicher fühlen, können Sie von Anfang an einen positiv arbeitenden Hundetrainer hinzuziehen.

Worauf wird bei der Vorkontrolle geachtet?

Bei der Vorkontrolle wird danach geschaut, unter welchen Bedingungen der Hund zukünftig leben wird. Hat er z. B. genug Platz, um sich zurückzuziehen und haben die Menschen genug Zeit für ihn. Mit Kenntnissen über den Eigenschaften des Hundes wird geschaut, ob der ausgesuchte Hund zu den Menschen passt und was die Menschen von dem Hund erwarten. Nur wenn Hund, Menschen und Haltungsbedingungen stimmen sind Enttäuschungen weitestgehend ausgeschlossen.

Darüber hinaus wird besprochen, was bei der Abholung zu beachten ist und welche Probleme auftreten könnten. Ich persönlich gebe immer sofort einen Trainerkontakt an und ich bin jederzeit für die Adoptanten ansprechbar.

Was passiert, wenn ich mit dem Hund nicht klarkomme?

Wie im Vorkontrollgespräch besprochen müssen, sich die Adoptanten SOFORT melden, wenn Ihnen irgendwas komisch vorkommt. Dann muss man schauen, was gebraucht wird und im schlechtesten Fall muss ein neues Zuhause für den Hund gesucht werden.

Ganz wichtig ist es, bei den ersten „auffälligen“ Verhaltensweisen zu reagieren und nicht erst, wenn „der Hund schon in den Brunnen gefallen

Kann ich mich auch nach der Adoption bei Problemen mit dem Hund an den Tierschutzverein wenden?

Natürlich, sie können das nicht nur tun, sondern sie müssen es tun. Sie dürfen den Hund nämlich nicht einfach irgendwo abgeben oder kurzerhand weitervermitteln. Wir werden natürlich alles tun, was in unserer Macht steht, um Ihnen und dem Hund zu helfen. Sollte es tatsächlich einmal nur eine Neuvermittlung des Hundes die Lösung sein, so kümmern wir uns darum.

Wichtig ist auf jeden Fall, sich vor der Adoption genau klarzumachen, was ein Hund alles braucht:

Der Hund braucht Erziehung, viel Zeit muss investiert werden und eventuell auch Geld für einen Trainer ausgegeben werden, da der Hund vielleicht Verhaltensweisen zeigt, mit denen man nicht gerechnet hat.

Der Hund muss gefüttert werden und wenn er krank ist, muss er zum Tierarzt. Auch das kostet im schlimmsten Fall einiges an Geld.

Wenn Sie in Urlaub fahren möchten und den Hund nicht mitnehmen wollen oder können, muss eine Betreuung organisiert werden. Das kann die Urlaubskasse zusätzlich belasten.

Ein süßer und kuscheliger Welpe schließlich, fordert besonders viel Zeiteinsatz, denn es gilt, ihn auf das Leben vorzubereiten und ihm alles beizubringen, was ein Hund hier bei uns so können sollte. Insbesondere gilt es auch seine Bedürfnisse und seine Gemütsverfassung zu respektieren und darauf einzugehen.

Gibt es noch ein paar generelle Tipps, wenn es darum geht, einen Hund aus dem Tierschutz zu adoptieren?

Ja, die gibt es. Wenn Sie Hundeanfänger sind achten Sie darauf, dass der Hund auf Sie zukommt und sich anfassen lässt. Vielleicht nehmen Sie sich einen Trainer mit, der das Verhalten des Hundes gut deuten kann. Wenn der Hund alleine bleiben muss, weil Sie arbeiten gehen (4 bis max 6 h) nehmen Sie lieber einen Hund von einer Pflegestelle eines Tierschutzvereines. Dort kann man relativ verlässlich sehen, ob der Hund auch ohne die Pflegemama mal zur Ruhe kommt, ob er jammert oder bellt,  wenn sie das Zimmer/Haus verlässt usw. Wenn er länger als 6 Stunden alleine bleiben muss, suchen Sie sich einen Dogwalker oder eine Hundetagesstätte. Das hat aber natürlich zur Folge, dass es ein gut sozialisierter Hund sein muss. Ob das der Fall ist, sieht man am besten wenn er vor Ort, egal ob Pflegestelle oder Tierheim, in einer gemischten Gruppe lebt.

Wenn Sie sich mit Hunden auskennen, dann müssen Sie nur darauf achten, dass der Hund auch zu Ihrer jeweiligen Lebenssituation passt. Eine Hilfestellung bieten die nachfolgende Punkte:

Kinder vorhanden?  Dann kein Hund der bei Kindern unsicher ist HUND UNBEDINGT VON PFLEGESTELLE NEHMEN

Kleine Kinder vorhanden? Hund muss cool sein, kein Kleinsthund! Laufstall/Rückzugsort für Kind oder Hund sollte vorhanden sein. HUND UNBEDINGT VON PFLEGESTELLE NEHMEN

Treppe im Haus vorhanden? Kein älterer, großer Hund und kein Hund mit Behinderung, Hund sollte bei Bedarf getragen werden können

Kein Garten? Hund sollte nicht ängstlich oder panisch sein

Kein anderer Hund?  Hund sollte nicht ängstlich oder panisch sein

Viel Trubel im Haus ? Hund sollte cool mit Situationen umgehen können

Hund muss überall mit?  Hund sollte cool mit Situationen umgehen können, ABER LIEBER VOR BESTIMMTEN EVENTS EINEN TOLLEN SPAZIERGANG MACHEN; DA HAT DER HUND OFT MEHR DAVON!