Liz´ Tagebuch – von der Tötung mitten ins Leben

Das Tagebuch wird verfasst von Petra Naeve, Pflegestelle von Liz.

Tag 1 – 17.10.2022: Wenn ein Leben nach vielen Jahren plötzlich anders ist und viele Menschen sich nicht hineinversetzen können. Empathie heißt auch hier das Zauberwort…!

Gestern kam Liz an. Sie ist mein neuer Pflegehund, den ich aber nicht selbstständig holen konnte, da ich einen 24 Stunden Dienst am Wochenende machen musste. Eine Bekannte erklärte sich bereit sie für mich abzuholen und auf sie aufzupassen, bis meine Schicht zu Ende war.

Liz kam an, aber mochte ihre Box nicht verlassen. War das doch noch die einzige Sicherheit die sie hatte. Sie fraß, trank, war völlig ruhig. Aber alle Bemühungen sie heraus zu locken, schlugen fehl. Für die Abholerin eine frustrierende Situation, so hatte sie sich doch so sehr einen Hund gewünscht, der fröhlich heraus gewuselt kommt, direkt Gassi geht und für die 24 Stunden ein wenig Leben in den Haushalt bringt. Telefonisch standen wir die ganze Zeit in Kontakt und ich habe sie beruhigt, dass alles normal ist. Liz trank und fraß auch, dass würden Hunde nicht machen, wenn sie Angst haben. Hat ein Hund zu viel Stress, kann er gar kein Futter annehmen.

Also wurde die Wasserschüssel vor die Box gestellt und davor eine Pipi-Matte gelegt und einfach erstmal abwarten. Auch das kleine und großes Geschäft halten Hunde, die aus dem Ausland kommen und für die alles neu ist, gerne mal 24 Stunden und länger an. Also alles völlig normal. Heute Mittag erledigte sie dann ihr kleines Geschäft außerhalb der Box und danach schlief sie wieder. Ein Transport ist anstrengend und die Hunde brauchen nicht gleich Aktion sondern Ruhe und Liz wusste das völlig instinktiv und hat alles richtig gemacht.

Gegen 17:30 Uhr holte ich die kleine Liz ab. Wir fuhren nach Hause. Die Box stellte ich so in den Raum, dass sie Ruhe hatte aber trotzdem alles beobachten konnte. Ich merkte sofort ihr Interesse, als sie meine Hunde hörte. Ich öffnete die Box, legte eine Unterlage unweit entfernt und es dauerte nicht lange und sie steckte vorsichtig den Kopf heraus. Dann ging sie wie selbstverständlich auf die Matte und pullerte. Mit Leckerchen bewaffnet, setzten wir uns in ein wenig Abstand vor ihre Box. Abwechselnd kullerte ich jedem mal ein paar Bröckchen hin. Dann ließ ich sie wieder in Ruhe. Aber nun war ihr Interesse geweckt und sie hockte nicht mehr in der letzten Ecke sondern legte sich so, dass der Kopf außerhalb lag und sie alles sehen konnte. Ich ließ sie das machen, was Hunde sehr gut können. Und zwar beobachten.

Nach ca. zwei Stunden war Fütterungszeit. Die anderen beiden fütterte ich in einem großen Abstand, aber so, dass Liz es deutlich riechen konnte. Ich machte einen Teelöffel geschmolzene Butter übers Futter, was bis jetzt alle toll fanden und natürlich super riecht. Auch Liz kam aus ihrer Box und fraß.

Deutlich zeigte sie fröhliches, demütiges und interessiertes Verhalten. Ich wollte sie aber auch nicht ganz raus locken, da mir ja nichts Besseres passieren konnte, wenn wir nun alle schlafen gehen.

Ich sage es immer wieder: Pflegestellen erwarten zu viel . Malen sich zu sehr aus, wie der Hund sein wird und sind enttäuscht, wenn er es doch nicht wie erwartet ist. Das führt immer zu Frust. Auf beiden Seiten. Ich erwarte nichts und werde daher nie enttäuscht. Mich wundert aber so ein Verhalten auch nicht. Man reißt dich aus deiner einen Welt, die welche die Einzige ist die du kennst, packt dich ins Auto fährt zwei Tage lang und steckt dich zu fremden Menschen in ein Haus. Ja ein Haus, welches Auslandshunde selten bis gar nicht von innen kennen. Pflegestellen sollten eigene Bedürfnisse hinten anstellen. Das Einzige was zählt ist: was braucht der Hund jetzt? Und wenn dieser entscheidet sich nicht streicheln lassen zu wollen, dann ist es so. Und das ist auch sein gutes Recht.

Mit gezwungenen Verhalten, erreicht man eher das Gegenteil. Alles dauert noch länger , da der Hund nicht vertrauen kann. Wir sind in ihren Augen dann unberechenbar. Ich meine damit aber auch nicht den Hund in Watte zu packen. Aber das ist wieder ein anderes Thema.

Gerne zeige ich euch in den nächsten Tagen den Weg, den ich mit dem Hund gehe, um ihn langsam in unsere Welt zu führen. Ich bin mir sicher, die Fortschritte werden täglich größer.

Nun gehen wir schlafen und erholen uns von den Eindrücken. Beim schlafen verarbeiten Hunde das Erlernte. Und das ist so wichtig.

Kleine Liz, Emma und Smilla nehmen dich an ihre Pfoten und wir werden dich auf dein neues Leben vorbereiten.